Der Wunsch junger Wähler*innen nach einer neuen Politik

Das Ergebnis der Bundestagswahl ist ein deutlicher Appell der Jugend an die Politik: Es muss sich etwas ändern!

So kann es nicht weitergehen: Der Wunsch junger Wähler*innen nach einer neuen Politik

Junge Menschen haben stark ausgeprägte Werte, die sie bei der Bundestagswahl deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Fast ein Viertel der Stimmen haben Wähler*innen zwischen 18 und 24 Jahren jeweils für die Grünen (23 %) und die FDP (21 %) abgegeben – beide Parteien verzeichnen einen erheblichen Zuwachs (10 % und 9 %) an jungen Wähler*innen seit 2017. Im Vergleich dazu stimmten nur 25 % der Jungwähler*innen für die Union und die SPD zusammen. Die restlichen 30 % werden allen anderen Parteien zugerechnet.

 

Das Ergebnis ist ein deutlicher Appell der Jugend an die Politik: Es muss sich etwas ändern!

Wahlergebnisse der jungen Wähler*innen zwischen 18 und 24 Jahren

Quelle: tagesschau.de

 

Quelle: tagesschau.de

 

 

Was sagt dieses Ergebnis aus? Es gibt drei Schwerpunkte, die die Wahl junger Menschen dominieren.

Umwelt- und Klimaschutz

Die Bewältigung der Klimakrise ist zweifellos ein Thema, das junge Generationen beschäftigt. Bereits vor der Wahl war deutlich, wie sehr sie dabei auf politische Unterstützung zählen: Laut einer Umfrage sieht jede*r Vierte die Politik für die Etablierung eines nachhaltigen Lebensstils verantwortlich. Und 77 % der Befragten haben angegeben, dass die Programme der Parteien in Bezug auf Klimaschutz ihre Entscheidung beeinflussen werden.

Doch spätestens nach der Bundestagswahl dürfen die Parteien den Aufruf zur wirkungsvollen Klimapolitik nicht mehr ignorieren. Die Beliebtheit der Grünen (und ihr Fokus auf die Umweltpolitik) zeigt, dass junge Deutsche radikalere Schritte in diese Richtung fordern. Sie entscheiden sich für Parteien, die in dem Themengebiet glaubwürdig erscheinen, ein tiefes Verständnis der Klimakrise haben sowie einen klar definierten Handlungsplan vorweisen.

Freiheit- und Mitspracherecht

Neben Klimaschutz wollen junge Wähler*innen ein Mitspracherecht über ihre Zukunft. Das hat die aktuellste Studie “Junge Deutsche” herausgefunden, die die Arbeits- und Lebenswelt der Generationen Y und Z untersucht. Das Ergebnis kommt nicht überraschend: Junge Wähler*innen sind politisch aktiv, drücken ihre Meinung mittels Online-Petitionen sowie Demonstrationen aus und fühlen sich von derzeitigen Politikern nicht wirklich vertreten. Dazu gehören vor allem die großen Parteien, die über die letzten Jahre in der Regierung waren und in der Zeit keine Bindung zu jungen Generationen aufbauen konnten.

 

Womöglich hat der politische Umgang mit der Corona-Pandemie ihren Wunsch nach Mitgestaltung verstärkt. Schüler*innen, Auszubildende und Studierende mussten während dieser Zeit auf vieles verzichten: Der Unterricht wurde nach Hause verlegt. Hobbys, Nebenjobs, Freizeitaktivitäten und der Kontakt zu Freunden wurden verboten. Eine belastende Situation, über die junge Menschen selbst nicht entscheiden konnten.

Deshalb hat sie die Kritik der FDP an den Maßnahmen und ihr starker Fokus auf die individuellen Freiheitsrechte angesprochen. Unter anderem wollen FDP wie auch die Grünen Paragraf 219a abschaffen, laut dem Verbreitung von Informationen zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen illegal ist. Beide Parteien wollen außerdem (und sicherlich nicht uneigennützig) das Wahlalter auf 16 Jahre senken – und somit mehr Jugendliche in den politischen Diskurs miteinbeziehen.

Digitalisierung und Social Media

Eine weitere Baustelle, die durch die Pandemie deutlicher wurde, ist die schleppend vorangehende Digitalisierung Deutschlands. Vor allem junge Menschen, die sich auf Homeschooling umstellen mussten, haben das Problem hautnah erlebt. Die Teilnahme am Online-Unterricht war oft aufgrund fehlender digitaler Infrastruktur problematisch oder unmöglich. Auch dem Lehrpersonal fehlten die dafür notwendigen Fähigkeiten. Digital Natives, die mit Internet und den neuesten Technologien aufgewachsen sind, nehmen ihre Abwesenheit besonders deutlich wahr.

Viele Parteien haben die Digitalisierung in ihre Wahlprogramme bereits aufgenommen, doch die FDP ist die Vorreiterin auf dem Themengebiet. Die Partei spricht sich seit mehreren Jahren für das Thema aus und gründet darauf ihre Politik. Auch die Grünen sehen darin große Chancen, wodurch die Partei (zusätzlich zum Schwerpunkt Klimaschutz) für Jungwähler*innen attraktiv wirkt.

 

Doch auch der Wahlkampf passiert längst digital. Soziale Medien sind zu wichtigen Kommunikationskanälen geworden. Und das aus gutem Grund: Junge Menschen informieren sich im Internet und sozialen Netzwerken über politische und gesellschaftliche Themen. Zudem fällt ihnen der Austausch mit anderen Nutzern oder Politikern online einfacher als offline.

 

Mittlerweile sind nicht nur die Parteien selbst, sondern ihre einzelnen Vertreter und Spitzenkandidaten online aktiv und treten dort mit der jungen Wählerschaft in Kontakt. Unter deutschen Politikern hat Christian Lindner einen der erfolgreichsten Social-Media-Auftritte, was sicherlich zum Image der FDP als einer jungen und modernen Partei beiträgt. So nahm Lindner neben anderen Politikern an Jodel’s Ask me Anything-Aktion teil – einem Austausch, bei dem die Jodel Community den Kandidaten*innen direkte Fragen stellen konnten.

Quelle: Jodel

Fazit

Die Bundestagswahl 2021 hat eine Spaltung zwischen Jung und Alt zum Vorschein gebracht. Während ältere Wähler*innen für aktuelle Regierungsparteien (CDU, CSU und die SPD) gestimmt haben, stehen junge Menschen hinter der Grünen und der FDP.

Beide Parteien haben Jungwähler*innen mit thematischen Schwerpunkten angesprochen. Womöglich kommt der Wunsch nach neuen, jüngeren Gesichtern hinzu, die die Sorgen der Gens Y & Z verstehen und zukunftsorientiert handeln. Oder auch die Forderung nach mehr Diversität in den Parteien, die unsere vielfältige Gesellschaft repräsentiert.

Mit der Wahl wird die Skepsis älterer Generationen gegenüber großen Veränderungen deutlich. Sie bevorzugen Stabilität und wollen ihren Wohlstand erhalten. Dazu kommt, dass viele ältere Deutsche dieselbe Partei aus Gewohnheit wählen, während Erstwähler*innen noch keine Parteiloyalität entwickelt haben.

Die U30-Wählergruppe beträgt nur etwa 9 % aller Wahlberechtigten – im Vergleich zu 58 % der Ü50-Wähler*innen ist das nicht besonders viel. Doch so klein die Gruppe auch ist, sie will über ihre Zukunft selbst entscheiden. Sie denkt und kommuniziert anders als die Generationen vor ihr und deutet mit ihrer Wahl in die Richtung, die die Politiker nicht mehr ignorieren dürfen.